Philipp Grüll (Autor) und Erik Häußler (Regisseur), Bayerischer Rundfunk in Co-Produktion mit DW, NDR und Lighthouse Reports
Begründung der Jury:
Recherchieren und zeigen, was wirklich ist: Das ist, was investigative Dokumentarfilme leisten können. Im besten Fall sieht man Hintergrundbilder jenseits der Nachrichten, kann Zusammenhänge begreifen, Strukturen und Skandale, die tiefer liegen als das bloß skandalös Präsentierte. All dies gelingt diesem Film in außergewöhnlichem Maße. Er ist augenöffnend, ein erschütterndes Dokument der Praktiken, mit denen in nordafrikanischen Ländern, die für massive Menschenrechtsverletzungen gegenüber Geflüchteten bekannt sind, Menschen behandelt werden, um sie von der Flucht nach Europa abzuhalten. Systematisches Verschleppen, Aussetzen und dem Tod überlassen in der Wüste sind die Mittel der von den Staaten eingesetzten Sicherheitskräfte. Finanziert und ausgebaut werden sie freilich mit EU-Milliarden, im Rahmen sogenannter „Migrationsabkommen“. Dieser Film zeigt uns unter gefährlichen Bedingungen entstandenes, aufwendig recherchiertes, schockierendes Bildmaterial: wie Dutzende Ausgesetzte in letzter Minute gerettet werden. Zeigt Menschen, die in der Wüste verdurstet sind. Heimlich gefilmte Festnahmen, Abtransport, Interviews mit Überlebenden. Das ist entsetzlich genug. Dazu aber kommt die Recherche der Scheinheiligkeit von EU-Vertretern im Gespräch. In diesen Interviews begreift man, dass die Zustände vor Ort in Europa wissentlich in Kauf genommen werden. Die Filmemacher Philipp Grüll und Erik Häußler erarbeiten nicht zuletzt, dass den europäischen Regierungen seit langem bewusst sein dürfte, was in der nordafrikanischen Wüste geschieht. Sollte das etwa der Preis unserer Sicherheit sein? Der Film deckt die politischen Skrupellosigkeiten auf, gibt den vor Ort Misshandelten und Gestorbenen ein Gesicht und eine Stimme, ganz im Sinn des Robert Geisendörfer Preises. Eine in jeder Hinsicht vorbildliche Dokumentation, deren Verstörung nachhaltige Folgen zeitigen möge.