Begründung der Jury

Wer eine begründete politische Wahlentscheidung trifft, braucht verlässliche Informationen. News, die keine bloßen Erregungsverstärker sind. Nachrichten, die der Überprüfung standhalten und sich nicht im Nebel von Desinformation auflösen. Sie sind Grundlage für Argumente, die im fairen Streit weiterentwickelt werden können. Lebendige Demokratie zeigt sich auch als dynamische Überzeugungsbewegung. Wobei gilt: Cui bono? Meinungsbildung, gerade vor einer Bundestagswahl, mag solcherart anstrengend sein, bleibt aber unerlässlich. Wir sind von Lärm, Meinungen und Manipulationen umgeben, wir nehmen sie auf durch (soziale) Medien, verbreiten sie mit, sind Teil der Kakofonie, die im Intro der sechs Folgen „Noise“ von der Stimmenüberlagerung in ein schmerzhaft in den Ohren widerhallendes Lärmen anschwillt. Das Podcast-Format, das die beiden Produzenten, Autoren und Hosts Khesrau Behroz und Patrick Stegemann direkt vor der Bundestagswahl 2021 präsentieren, betreibt auf hervorragende Weise journalistische Aufklärung. Von der Pilotfolge, in der Parallelen zwischen dem TV-Sender der „Bild“-Zeitung und Fox News herausgearbeitet werden, über die Recherche bei Agenturen für Desinformation für Parteien und Machthaber:innen bis zu „Österreichs rechten Mediennetzwerken“, die im deutschen Bundestagswahlkampf Themen setzen, bis zur Verfolgung einzelner Falschmeldungen („600 Babyleichen als Flutopfer“) und zu QAnon-Sektenmythen und Technik- und Plattformkritik reichen die Themen. Es geht um monetäre Interessen und um den „Krieg der Köpfe“.

Dabei glänzt „Noise“ nicht nur durch besonders sorgfältige Recherche, sondern auch durch stets nachvollziehbare, immer diskursiv zugängliche Präsentation der Ergebnisse und spannendes Storytelling, das Analyse und Zusammenhänge beeindruckend hörbar macht. Mit „Noise“ erforschen Behroz und Stegemann die Stimmen hinter dem lauten Geschrei, machen sie beispielhaft mit- und darüberhinausdenkbar und setzen so einen Meilenstein des politischen Podcasts.