Rede 2008 von Pfarrer Bernd Merz

Pfarrer Bernd Merz, Vorsitzender der Jury „Kinderprogramme“

Kinderfernsehpreise

Liebe Preisträger, sehr geehrte Damen und Herren,

was ist gutes Kinderfernsehen? So lautete vor zehn Tagen die Überschrift auf der Medienseite des Hamburger Abendblattes. Was ist gutes Kinderfernsehen?, diese Frage hat sich die Jury des Kinderfernsehpreises in diesem Jahr zum fünften Mal gestellt. Zum fünften Mal haben wir zwei Tage und Abende gesichtet, diskutiert und mit Kopf und Herz gerungen. Denn wir wollten unter vielen Programmen eines prämieren, das den Kriterien dieses evangelischen Fernsehpreises am stärksten entspricht. Ein Programm, das aber nicht nur uns als Erwachsene überzeugt, die wir in der Rolle der Eltern, der Erziehenden, Kinderprogramme gerne als lehrreich und gewaltfrei sehen wollen. Sondern auch ein Programm, das im Besonderen die Zielgruppe der Zuschauer im Kindesalter erreicht, und die haben das Recht auf eigene Kriterien. Da steht ‚lehrreich’ nicht an erster Stelle, aber je nach Alter Fröhlichkeit oder Spannung. Da steht auch nicht der Wunsch der Eltern im Vordergrund, via Fernsehen all das an die Kinder bringen zu wollen, was Eltern in dieser Arbeits- und Freizeitgesellschaft nicht mehr schaffen.

Als Erwachsener über Kinderprogramme zu urteilen, da sollte man in der Lage sein, ein Wort Jesu zu beherzigen: Kehret um und werdet wie die Kinder.

Über dreißig Beiträge haben wir gesichtet, über dreißig Mal mit der Erkenntnis von Journalisten, Fernsehkritikern, Produzenten, Kinderfilmexperten und kirchlichen Medienschaffenden versucht, zu sortieren und zu gewichten. Und gleichzeitig haben wir uns immer wieder zurückversetzt in unsere Kinderzeit versucht, die große Welt von heute mit Kinderaugen zu sehen.

Warum ich Ihnen das erzähle? Weil man als Jury und generell nur so der Sache der Kinder gerecht wird, im Fernsehen wie in der Realität des Lebens. Gutes Kinderfernsehen hat es nach wie vor schwer in diesem Land, da Kinder es nach wie vor schwer haben. Zwar wird viel von und über Kinder geredet, sie werden instrumentalisiert in diesen Diskussionen für eigene Ziele von Politikern und Medienmachern. Daran hat sich in den letzten fünf Jahren nichts geändert. Als selbstverständlicher Programmteil in den großen Programmen sind Kinderprogramme marginalisiert. Und dort, wo es als Ersatz die Spartensender für die Kids gibt, herrscht der Kostendruck. Kinder sind uns nicht so viel wert, wie wir gerne öffentlich behaupten. Nicht so viel wie Fußball oder Formel 1.

Umso mehr möchte ich heute an dieser Stelle die Programmverantwortlichen im Kinderfernsehbereich loben. Und ich möchte ihnen danken. All denen, die Programme eingereicht und diese Sendungen ermöglich haben. Oftmals mit Herz und Leidenschaft, öffentlich-rechtlich wie privat. Öffentlich-rechtlich war sehr viel mehr eingereicht, das möchte ich betonen. Das hängt auch damit zusammen, dass es beim Kinderfernsehpreis der Evangelischen Kirche nur um deutsche Produktionen geht. Wichtig bleibt: Aus unserer Sicht ist die Qualität der Programme weiter steigend. Wir hatten auszuwählen aus vielen guten Beiträgen. Es gab eine Menge gutes Kinderfernsehen in diesem Jahr. Das machte uns die Arbeit schwerer, aber das Herz weiter. Wir haben nur einen Preis, auch wenn es viele unterschiedliche Formatkategorien gibt. Wir haben eine hervorragende Dokumentation über das Anne Frank Haus gesehen, wunderbare und spannende Krimis für Kinder mit ethischen Ansprüchen und eine hervorragende Animation einer Astrid-Lindgren-Geschichte, die zumindest meine Augen feucht werden ließ. Diese und viele andere mehr haben uns in diesem Jahr die Juroren-Qual deutlich werden lassen. Auch wenn wir uns dann entschieden haben: Meine Anerkennung gehört allen, die ihre Sendungen eingereicht, die hervorragendes Kinderprogramm auf den Weg gebracht haben, die Kinder nicht nur als Zuschauer und Quotenbringer sehen, sondern als das, was sie sind: als kleine Menschen, die unseren Schutz und unsere Zuwendung brauchen. Und diesen Appell für gutes Kinderfernsehen werde ich weiterhin jedes Jahr erneuern.

Zwei Menschen, die beim Kinderfernsehen immer nur an die Kinder gedacht haben, möchte ich besonders erwähnen, Gerda und Wolfgang Mann, die nach ihrer Zeit als Produzenten mit ihrer Stiftung diesen Kinderfernsehpreis ermöglicht haben. Ohne sie stände ich nicht hier. Ihnen danke. Und der Jury natürlich für ihr beschriebenes Ringen um gutes Kinderfernsehen, namentlich in diesem Jahr Margret Albers, Markus Bräuer, Gerda Mann, Heike Mundzeck, Tilmann Gangloff, Karl-Heinz Käfer und Udo Hahn. Es ist gut euch als Mitstreiter für ein gutes Kinderfernsehen zur Seite zu haben.

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