Tiananmen. 20 Jahre nach dem Massker – die Opfer erzählen

Autoren und Regisseure Thomas Weidenbach und Shi Ming. WDR 2009 (Redaktion: Dokumentation/Gesellschaft), Co-Produktion: NDR. Produktion: Längengrad Filmproduktion

LB Fischer, Thomas Weidenbach, Preisträger Fernsehen, „Tiananmen“

Andreas Heddergott

LB Fischer, Thomas Weidenbach, Preisträger Fernsehen, „Tiananmen“

Begründung der Jury

Bis heute weiß niemand, wie viele Menschen in der Nacht zum 4. Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Kugelhagel der Armee starben. Auch 20 Jahre später verharmlost die chinesische Führung das Blutbad auf dem Tiananmen Platz als „Zwischenfall“ und sorgt mit harter Hand dafür, dass nichts an die Opfer erinnert. Stattdessen der tägliche Fahnenappell als reibungslos organisierte Machtdemonstration. Thomas Weidenbach und Shi Ming blicken aus der anderen Perspektive auf die Ereignisse in Peking zurück: aus der der Demonstranten.

Sie haben nicht nur Augenzeugen gefunden, die klug analysieren und überzeugend schildern, was damals geschah. Sie haben zudem eine überwältigende Menge an Videomaterial aufgetan, von Amateurkameras aufgezeichnet, Augenzeugenberichte auch dies. Sensibel und stringent fügen die beiden Filmemacher die Erzählungen ihrer Protagonisten mit den Videobildern zusammen. So entsteht ein beklemmend dichtes Bild über die Entwicklung auf dem großen Platz im Herzen Pekings: Von den ersten Studentendemonstrationen im April 1989 nach dem Tod des reformorientierten Politikers Hu Yaobang, dem Anwachsen der Bewegung, die schließlich alle Teile der Bevölkerung erfasst, den Forderungen nach Dialog und offener Debatte, dem Hungerstreik im Mai, der Verhängung des Kriegsrechts, dem Aufmarschieren der Armee bis zum gewaltsamen Sterben.

Das wirkt bis heute. Seit dem Massaker wage keiner mehr Widerstand, so ließen sich die gnadenlosen Maßnahmen durchsetzen, die zum kometenhaften Aufstieg zur Wirtschaftsmacht führen, sagt Zhang Jian. Er war dabei auf dem Platz des Himmlischen Friedens, gehörte zu den Anführern, heute lebt er im Exil. „Tiananmen“ ist eine leise, aber radikale Kritik an der Diktatur. Und es ist eine Parabel, wie der Funke der Hoffnung zündet, Zuversicht Raum gewinnt und zur Herausforderung des Machtapparats wird.