Hunger

Autor und Regisseur Marcus Vetter, Autorin Karin Steinberger. SWR 2010 (Redaktion: FS Kultur), Produktion: Eikon Südwest

Marcus Vetter, Preisträger Fernsehen, „Hunger“, Ernst Ganzert, Geschäftsführer, Eikon

Gustavo Alàbiso

Marcus Vetter, Preisträger Fernsehen, „Hunger“, Ernst Ganzert, Geschäftsführer, Eikon

Begründung der Jury

Rote Rosen für Muttertag, frischer Fisch für die Tiefkühltruhe, preiswerte Baumwolle für den Wühltisch. Und für die Massai in Kenia deprimierende Dürre, für die Fischer von Mauretanien beißender Hunger, für die Baumwollbauern in Indien unbezahlbares Saatgut. So weit der Welthunger geografisch auch von Europa entfernt ist, er hat seine Ursachen doch oft in unserer eigenen Lebensweise. Der Dokumentarfilm von Marcus Vetter und Karin Steinberger hat ein schlichtes, aber eindrückliches Konzept: Die SZ-Journalistin und der Filmregisseur sind dem Hunger gefolgt, und es war ihnen klar: diese Spur würde sie einmal rund um den Globus führen und mit Menschen in Kontakt bringen, die jeden Tag auf ihre ganz persönliche Weise gegen den Hunger kämpfen müssen. Die behutsame Kameraarbeit von Marcus Vetter und Thomas Mauch zeigt weder elende Hungerleider noch potenzielle Wirtschaftsflüchtlinge, sondern stellt uns die Gesprächspartner als gleichberechtigte Nachbarn vor. Sie leben direkt an und mit dem Geschehen, sie sind Aktivisten oder Einzelkämpfer, Strategen oder Mildtätige. „Kein Mensch aß hier früher Mais“, erinnert sich eine alte Massai an jene Jahre, in denen in der kenianischen Turkana das Essen noch nicht von Lastwagen der UNO, sondern von den Rinderherden ihrer Eltern kam. „Hirsebrei mit Zucker – das isst man nur, wenn man muss“, sagt der Fischer aus Mauretanien, der nun als Schlepper Fluchten nach Europa organisiert. „Wie will die Biotech-Industrie den weltweiten Hunger bekämpfen – ohne Wasser?“, fragt die indische Humangenetikerin Suman Sahai.

Mit „Hunger“ ist eine Dokumentation gelungen, die Zusammenhänge eindrücklich beschreiben und Strukturen klar benennen kann. Und je mehr Fragen beantwortet sind, desto mehr wird dem Zuschauer die Ausgangsfrage von „Hunger“ zu einem persönlichen Anliegen: Wann fangen wir endlich an, unser Leben in EINER Welt zu leben?