Unsere Mütter, unsere Großmütter im 2. Weltkrieg

Julia Driesen-Rosenberg und Amrei Topcu VOX 2014, Redaktion:  Programmentwicklung/Unterhaltung, verantwortl. Redakteurinnen: Sabine Wilmes, Iris Patzner-Fuhrmann; Produktion: Spiegel TV/Michael Kloft; dtcp, Hamburg.

Julia Driesen, Amrei Topcu, Preisträgerinnen Fernsehen

Christian Ditsch

Julia Driesen, Amrei Topcu, Preisträgerinnen Fernsehen

Begründung der Jury

Sie waren weder unschuldig noch die „Heimchen am Herd“. Sie waren Sekretärinnen in den Ministerien, Krankenschwestern an der Front oder Aufbauhelferinnen in den annektierten Ostgebieten, schrieben Listen, sahen Erschießungen, putzten jene Häuser, in denen vor kurzem noch Juden gelebt hatten. Ohne den schwärmerischen Zuspruch der Frauen hätte das Terrorregime des Nationalsozialismus nicht entstehen, ohne ihre massenhafte Mitwirkung nicht funktionieren können.

Aber nur wenige weibliche Täter wurden nach dem Krieg identifiziert oder gar zur Verantwortung gezogen. Das Bild der trauernden Witwe, der ahnungslosen Mitläuferin, der unverdrossenen Trümmerfrau überlagerte früh die kollektive Erinnerung. 75 Jahre nach Kriegsanfang nimmt sich VOX einen ganzen Fernsehabend einer Frage an, die lange keine war: Welche Rolle spielten die Frauen im Nationalsozialismus?

Den bekannten Figuren des NS-Regimes – von Leni Riefenstahl bis Magda Goebbels und Eva Braun – stellt die Dokumentation die ehrlichen und selbstkritischen Berichte von Zeitzeuginnen gegenüber. Sie berichten von ihrer Jugend im sogenannten Dritten Reich, von BDM-Diensten und ihrer naiven Begeisterung für die „Hitlerei“ oder von Verfolgung, Todesangst und dem Unverständnis dafür, dass so viele nicht sehen wollten, was vor ihren Augen geschah. Der Fernsehabend fächert die Lebensmodelle und Leidenswege behutsam auf und vergegenwärtigt das Lebensgefühl der Zeit mit klugen Gesprächspartnerinnen und zum Teil wenig bekanntem Archivmaterial. Wenn das Fernsehen ein Familienmedium ist, dann sind Dokumentationen wie diese der mediale Küchentisch, an dem die Generationen zusammenfinden und ins Gespräch kommen können. Die Jury würdigt diese notwendige wie gelungene Anstrengung.