Liebe, die um Abschied weiß. Vom Leben mit Alzheimer

Autorin Karla Krause und den Regisseur Robert Matejka. DeutschlandRadio Berlin/BR 2003 (Redaktion: Hörspiel und Feature)
 

Begründung der Jury

Unter den vielen Sendungen, die sich seit Jahren mit der unheilbaren Alzheimer-Krankheit, deren Begleiterscheinungen und Auswirkungen beschäftigen, zeichnet das Feature von Karla Krause sich vor allem durch die sensibel erfragten Selbstaussagen der Erkrankten und der sie betreuenden Ehefrauen und Ehemänner aus.

Die Autorin zeigt uns, dass Alzheimer viele Gesichter hat – vom totalen Verstummen bis zum nicht zu bremsenden Rededrang – und sie verweist auf die Notwendigkeit einer Selbsterhaltungs-Therapie, bei der es darum geht, nicht das unwiderruflich Verlorene an Erinnerungsvermögen zu beklagen, sondern beim noch Vorhandenen anzuknüpfen und bei dieser Lebenskunst auch zu bleiben, wenn die Verluste immer größer werden.

Von ihrem Besuch in einem Therapiezentrum in Bad Aibling nimmt Karla Krause die Erkenntnis mit, dass Alzheimer-Patienten nicht in Bedrängnis gebracht werden dürfen, sondern dass es darauf ankommt, den Stolz auf gelebtes Leben länger wachzuhalten und die Selbstachtung zu stärken. Dabei verschweigt sie nicht, dass am Ende des Weges der Alzheimer-Patienten die Vereinsamung und der Tod stehen werden. Das macht die gemeinsame Zeit um so kostbarer – als eine „Liebe, die um Abschied weiß“.

Mit dem Robert Geisendörfer Preis würdigt die Jury eine Sendung, die nicht nur hohe formale Qualität zeigt, sondern sich in ihrer Aussage in vorbildlicher Weise dafür einsetzt, das persönliche und soziale Verantwortungsbewusstsein zu stärken und zum guten Miteinander der Menschen beizutragen. Dies geschieht – über die Dokumentation von Selbstzeugnissen von Erkrankten, deren Familienmitgliedern und Therapeuten hinaus – besonders eindrucksvoll dadurch, dass die Zuschauenden unmittelbar mit Fragen konfrontiert werden, welche sie zur Selbstprüfung veranlassen. Es bleibt also nicht bei der reinen Information über Sachverhalte und Probleme, sondern die Sendung berührt ihr Publikum sowohl rational als auch emotional, ein beispielgebendes Stück Radiokunst.