Rede 2013 von von Lutz Marmor

Grußwort von Lutz Marmor, Intendant des Norddeutschen Rundfunks

Intendant Marmor, Bischöfin Fehrs, Landesbischof Fischer, Claudia Cippitelli, Geschäftsführerin Geisendörfer Preis

epd/Stephan Wallocha

Intendant Marmor, Bischöfin Fehrs, Landesbischof Fischer, Claudia Cippitelli, Geschäftsführerin Geisendörfer Preis

Sehr geehrter Herr Landesbischof Dr. Fischer, liebe Frau Bischöfin Fehrs, sehr geehrter Herr Merz, liebe Preisträgerinnen und Preisträger,

herzlich willkommen beim Norddeutschen Rundfunk hier in Hamburg in unserer „guten Stube“ - dem Rolf-Liebermann-Studio . Ich freue mich sehr, dass wir in diesem Jahr Gastgeber der 30. Verleihung des Robert Geisendörfer Preises sein dürfen.

Preise wie dieser sind nicht nur eine Belohnung für exzellente Arbeit, sie sind auch ein Ansporn für Qualität. Für Journalismus, auf den wir stolz sein können. Der kritisch, aber fair auf Missstände hinweist. Der verständlich ist, aber nicht platt. Der einen mitnimmt, aber nicht vereinnahmt.

Die Filme und Beiträge, die heute Preise bekommen, zeichnen sich aber durch noch etwas anderes aus. Eine einfache, aber manchmal unterschätzte Zugabe: Leidenschaft. Für besondere Ergebnisse braucht es besonderen Einsatz, und der kommt meistens nicht durch den Gedanken an Preise zustande, der kommt von Herzen. Dafür möchte ich mich bei allen Preisträgerinnen und Preisträgern bedanken – bevor sie nachher angemessen von den jeweiligen Laudatoren vorgestellt werden.

Bei Preisverleihungen werden die Ausgezeichneten gelobt, ich möchte mich ausdrücklich auch die Stifter loben. Ich will sie einmal alle aufzählen: Die evangelischen Kirche in Deutschland, die Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, die Konföderation Evangelischer Kirchen in Niedersachsen und die Evangelisch-Lutheranischen Kirche in Norddeutschland. Und die Wolfgang und Gerda Mann Stiftung – Medien für Kinder. Vielen Dank Ihnen allen!

Sie haben es vielleicht bemerkt: Die ARD ist nicht die einzige Organisation mit komplexer Struktur. Genau wie wir weiß auch die Kirche um Vor- und Nachteile föderaler Vielfalt. Die interne Diskussionsfreude, wie sie die evangelische Kirche in und zwischen den Synoden kennt, ist uns ebenso vertraut. Aus persönlicher Erfahrung sage ich mit Überzeugung: Es hilft, sich vor allem auf die Vorteile der Vielfalt zu besinnen. So konnten wir heute etwa einen Beweis für gelebte Solidarität in der ARD verkünden – wir haben beim Finanzausgleich zwischen den Sendern eine Lösung gefunden.

Sehr geehrte Damen und Herren, die ARD ist gerade erst bei einer Studie zur größten Meinungsmacherin unter den Medien ernannt worden. Wie der Medienvielfaltsmonitor der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien ermittelt hat, sind unsere Angebote zu 22,6 Prozent die Grundlage der Meinungsbildung in Deutschland. (Wie auch immer man das genau messen will.) Wäre die ARD nicht die ARD, könnte man Sorge haben, dass hier ein Medienunternehmen zu mächtig wird. Tatsächlich aber liegt auch unsere publizistische Stärke vor allem in unserer Vielfalt. Wir sind kein monolithischer Block: Der NDR und der BR lassen sich sehr gut voneinander unterscheiden. Ebenso wie der MDR und HR. Manchmal macht das unsere Arbeit anstrengend, zugegeben. Dafür können wir eine mögliche Gleichschaltung ausschließen. Das ist ein hohes Gut, dessen wir uns vielleicht gerade in schwierigen Momenten bewusst sein sollten.

Die Gemeinsamkeiten von Kirche und öffentlich-rechtlichem Rundfunk gehen über die föderale Struktur hinaus. Wir stehen gemeinsam für Werte. Und genau wie die Kirchen wollen ARD und ZDF nicht einzelne Gruppen erreichen, sondern die Masse der Menschen ansprechen. Masse hat einen negativen Beiklang. Dabei ist sie in ihrer positivsten Form Gemeinschaft – hinter der sich auch eine vielfältige Gesellschaft verbergen kann. Es wird immer schwieriger, dieses Gemeinschaftserlebnis zu schaffen. Das erleben die Kirchen in ihren Gottesdiensten. Und wir erleben es mit unseren Programmen. Trotzdem müssen wir versuchen, möglichst viele Menschen zu erreichen. Ich sage immer: Wir möchten nicht, dass unser gesamtes Programm allen gefällt, aber wir möchten, dass für jeden etwas dabei ist. Und im besten Fall auch solche Beiträge, wie die, die heute einen Preis bekommen.

Robert Geisendörfer hat sich immer für eine unabhängige kirchliche Publizistik eingesetzt, weil er der Überzeugung war, dass es nur so eine glaubwürdige, kritische Berichterstattung geben kann. Von der letztlich auch die Kirche profitiert. „Keine frommen Sprüche, sondern Journalismus“, hat er von seinen Redakteuren eingefordert. Von mir gibt es jetzt auch keine frommen Sprüche mehr, sondern nur noch einen frommen Wunsch: Eine spannende Preisverleihung und einen schönen Nachmittag!